Ich bin ein schlechter Esser. Genau genommen bin ich ein komplizierter Esser. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Nicht-Alles-Essern verschmähe ich ganze Produktklassen. Essig geht nicht, und damit quasi auf einen Streich eine Unzahl an Dressings, eingelegten Dingen und haufenweise Saucen. Und Essig ist nur die Spitze des Mag-Ich-Nicht Bergs. Sohnemann hat das geerbt und perfektioniert. Und weil er artig immer probiert, kann ich nichts dagegen sagen, wenn er sich abwendet oder konkret Unmut verbal äußert. Doch die Wunderwaffe dagegen ist einfach. Kochen mit Kind, Essen mit Kind. Ist das Kind am Kochprozess beteiligt, ist die Essbereitschaft um ein vielfaches höher. Stolz geht vor Geschmack, offensichtlich.
Diese Erkenntnis ist mir eigentlich nicht neu. Doch sie gerät immer wieder ins Hintertreffen. Das liegt sicherlich daran, dass Kochen bei uns entweder sehr weit hinten in der Prioritätenliste steht, oder aber sehr hoch gehängt wird, wenn man dazu kommt. Mit anderen Worten: Wenn wir kochen, dann auch “richtig”. Und das ist natürlich falsch. Denn die einfachen Gerichte sind die, die Sohnemann Spaß machen.
Kochen mit Kind – Highlights der letzten Wochen
Kartoffelpüree zum Beispiel: Ich schäle, er reicht mir die Kartoffeln und schmeißt die fertig geschälten mit “Plumps” ins Wasser. Gut – Kochen mit Kind kann zu mehr Reinigungsaufwand führen. Aber was soll es, wir lachen uns bei jeder Kartoffel schlapp, wenn sie mehr Wasser verdrängt, als man im Topf geahnt hätte. Aber nach 25 Minuten kochen, und Stampfen mit dem Schneebesen bei Zugabe von Butter und Milch wandert das Püree im Kindesmund, als ob es kein Morgen gibt. Ich erspare mir und ihm Worte wie: “Ach sieh mal an, JETZT schmeckt es dir?!” Können wir beide nicht gebrauchen.
Ebenfalls gut dabei war das Pizza-Backen. Hefe-Teig ansetzen ist eher öde in Sohnemanns Augen, auch das Kneten interessiert nur nebenbei und kurz. Doch Teig ausrollen und belegen schlägt in der “Kochen mit Kind”-Challenge sogar das Püree. Das Pizza-Gar-Programm wird dann spannender als Fernsehen. Jede Veränderung in der Käse-Konsistenz und Farbe wird unmittelbar und mit großen “Oh” quittiert. Dass mindestens die Hälfte der Zutaten auf der Pizza niemals pur in den Kindermund gefunden hätten, stört beim Essen nur wenig. Stattdessen muss sich Mama die gesamte Zeit anhören, wie man Pizza macht.
Unterschiedliche Definition von Außergewöhnlich
Dass außergewöhnlich auch gleich gut ist, hat sich in der Küche manchmal bestätigt. Zumindest, wenn das Ergebnis wie gewünscht war. Der Aha-Effekt der Erwachsenen, wenn Außergewöhnliches dann genossen werden darf, hat kleine handwerkliche Schwächen meist in den Hintergrund gedrängt. Solange nichts richtig misslingt, ist Außergewöhnliches meist willkommen.
Kinder sehen das vollkommen anders. Außergewöhnlich ist unbekannt und perse mit Vorsicht zu genießen. Dann lieber gewohntes Essen in außergewöhnlicher Form. So darf der Pudding gerne in einer lustigen Backform abkühlen (weniger Milch nehmen, dann wird der Pudding etwas härter und lässt sich besser stürzen). Oder aber die Lasagne wird nicht mit Nudelplatten, sondern Röhrennudeln gemacht, die in der Springform senkrecht aufgestellt werden. Mit Tomaten- und Béchamelsoße übergießen, Käse drüber, backen, fertig. Bei fast jedem Schritt kann das “Kochen mit Kind” aktiv zelebriert werden. Dass die Lasagnetorte in der Herstellung dann zwei Stunden dauert – geschenkt. Dafür schmeckt es allen Beteiligten gleich doppelt so gut.
Kochen mit Kind vs. Backen mit Kind
Offensichtlich ist es ein Unterschied, Backwaren oder warme Speisen für Mittags- und Abendtisch herzustellen. Wir backen sehr viel, und eine gewisse Begeisterung für den Herstellungsprozess stellt sich durchaus ein. Doch das fertige Backergebnis ist wenig beliebt. Dass dies beim Essen so anders ist, mag an der Unmittelbarkeit liegen. Das Essen ist einfach direkt nach der Zubereitung fertig. Der zeitliche Abstand scheint auch wieder eine größere Distanz zur Speise aufzubauen.
Letztlich ist es zeitlich nicht jeden Tag möglich, akribisch jeden Arbeitsschritt in der Küche auf mögliche kindliche Mithilfe zu prüfen. Zumindest für mich ist die zeitliche Komponente beim Kochen nicht unwichtig, normalerweise. Aber es gibt Tage, da ist das anders. Und die Erfolge lassen mich ahnen: Es werden mehr werden müssen!
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